Robert Schumann: Genoveva (Live-Aufnahme)
1993 / Orfeo / Live-Gesamtaufnahme (Doppel-CD)
Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
Chor der Hamburgischen Staatsoper
Genoveva ist Robert Schumanns einzige Oper: Ein zu Recht vom großen Musikkritiker Eduard Hanslick verrissenes Werk oder ein bedeutendes Meisterstück der Musikgeschichte? – Diese Entscheidung kann nur treffen, wer die Oper selber anhört und dabei nicht nur die Musik an sich beurteilt, sondern den Kontext, in dem sie geschrieben wurde, und Schumanns widersprüchliche Persönlichkeit und innere Zerrissenheit ebenso bedenkt. Diese Chance bietet Gerd Albrechts Live-Aufnahme mit dem Chor und Orchester der Hamburgischen Staatsoper, deren Generalmusikdirektor er fast zehn Jahre lang war.
Der Misserfolg von Genoveva trug sicherlich dazu bei, dass Schumann nach ihrer Uraufführung 1850 in Leipzig unter seiner eigenen Leitung, keine weiteren Opern mehr schrieb. Die negative Kritik muss ihn hart getroffen haben, war er doch mit der Intention angetreten, die deutsche Oper reformieren zu wollen und hatte sogar das Libretto selber verfasst. Dabei lehnte er sich stark an die Werke Ludwig Tiecks und Friedrich Hebbels an, übernahm von letzterem sogar direkt Passagen aus seiner gleichnamigen Tragödie von 1843.
Der Legende der Heiligen Genoveva erfreute sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts großer Beliebtheit. Schumann komponierte gewissermaßen aktuell und verband mit dem mittelalterlichen Stoff, der Verknüpfung von christlicher Frömmigkeit und Mystik sowie volksliedartigen Anklängen wesentliche Merkmale der deutschen Romantik in seinem Werk. Als durchkomponierte Oper steht Genoveva sozusagen als ein Bindeglied zwischen deutschem Singspiel und den Musikdramen Richard Wagners.
Die Geschichte spielt um das Jahr 730 in Straßburg. Pfalzgraf Siegfried, der mit seinen Kriegern gegen die Mauren zieht, lässt seine Gemahlin Genoveva in der Obhut seines Ziehsohns Golo zurück. Durch gemeine Intrigen der Zauberin Margaretha wird die treue Genoveva des Ehebruchs beschuldigt und soll durch Golo hingerichtet werden. Im letzten Moment gesteht die Zauberin ihre schändlichen Machenschaften, Genoveva wird gerettet und vom Bischof ein zweites Mal mit ihrem Mann Siegfried vermählt.
Anders als Tieck und Hebbel findet Schumann für sein Drama einen glücklichen Schluss. Sein Finale gerät zur Orgie, die eine Brücke zurück zur Ouvertüre schlägt und die musikalischen Grenzen des Biedermeiers sprengt.