Manfred Gurlitt: Wozzeck


2001 / Octavia Records
Yomiuri Nippon Symphony Orchestra

Zehn Jahre lang – von 1997 bis 2007 – leitete Gerd Albrecht als Chefdirigent das Yomiuri Nippon Symphony Orchestra in Tokio, wurde dann zu seinem ersten Conductor Laureate ernannt und gastiert weiter regelmäßig in Japan: Ein Deutscher, der die japanische Kultur kennt. In gewisser Weise verbindet ihn das mit dem Komponisten Manfred Gurlitt, dessen Oper Wozzeck er gleich zweimal auf CD einspielte.

Bereits 1995 hatte das Label Capriccio die Weltersteinspielung von Gurlitts Wozzeck mit Gerd Albrecht und dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin veröffentlicht, mit der Albrecht zudem Pionierarbeit für einen weiteren von den Nazis verfemten Komponisten leistete. Die vorliegende Version der Oper nahm Gerd Albrecht mit seinem Orchester in Tokio auf, sie erschien 2001 bei Octavia Records.

Manfred Gurlitt, geboren 1890 in Berlin, studierte in seiner Heimatstadt Musiktheorie, Klavier und Komposition. Als Kapellmeister war er an verschiedenen deutschen Theatern tätig (u.a. in Essen, Augsburg und Bermen) und gründete 1920 die „Gesellschaft für Neue Musik“. Aufgrund „nicht-arischer“ Abstammung wurde er aus NSDAP ausgeschlossen und emigrierte 1939 nach Tokio. Doch auch dort ereilte ihn der lange Arm der Nazis, die bis Kriegsende seine Arbeit behinderten. Nachdem Gurlitts Versuche, im Nachkriegs-Deutschland Fuß zu fassen, gescheitert waren, engagierte er sich in Japan unermüdlich für das westliche Opernrepertoire. 1953 gründete er die „Gurlitt Opera Company“ und führte zahlreiche deutsche, italienische und französische Opern zum ersten Mal (häufig auf Japanisch!) auf. 1969 wurde er Professor an der Showa-Hochschule für Musik in Tokio. Im Jahr 1972 starb Manfred Gurlitt in Tokio.

Manfred Gurlitts eigene Oper Wozzeck stammt aus den Jahren 1920 bis 1925. Diese „Musikalische Tragödie“ in 18 Szenen und einem Epilog op. 16 nach Georg Büchner wurde am 21. April 1926 in Bremen uraufgeführt. Vier Monate zuvor hatte Alban Bergs gleichnamige Oper Premiere gehabt, die Gurlitt eigenen Auskünften zufolge nicht gekannt hatte. Das Psychodrama vom beruflich und privat geschundenen Menschen traf den Geist der damaligen Zeit. „Ich will nichts Schönes und nichts Logisches […] Ich will die Signale der Entmenschlichung ertönen lassen“ schrieb Gurlitt an Erika Mann. Es ist ihm – ebenso wie Berg, jedoch mit anderen Mitteln – in erschütternder Weise gelungen.